Gestern und heute: Wasser, „Scus“ und Stein
Die Gemeinde Reana del Rojale liegt im Herzen von Friaul und umfasst neun Ortschaften: Ribis, Rizzolo, Reana, Remugnano, Valle, Cortale, Vergnacco, Qualso und Zompitta.
Neben dem natürlichen Reiz der Gegend, der sich durch die Schönheit und den Charme der Landschaft auszeichnet, sind auch die historischen, kulturellen und künstlerischen Besonderheiten der Ortskerne hervorzuheben. Hier befinden sich Kirchen und Kapellen voller Kunstwerke sowie Bauernhäuser und historische Gebäude.
Das Gebiet von Rojale war bereits in der Bronzezeit von prähistorischen Völkern besiedelt, es folgten keltischen Siedlungen. Später ließen sich die Römer nieder, deren Präsenz durch Spuren im Stadtbild und zahlreiche gefundene Münzen bezeugt ist. Durch diese Region verlief die Via Julia, die von Aquileia über Tricesimo und Karnien bis nach Noricum (dem heutigen Österreich) führte.
Im frühen Mittelalter wurde das Gebiet von schrecklichen barbarischen Invasionen heimgesucht, in Folge kam es zur Herrschaft des langobardischen Herzogtums.
1077 übernahm das Patriarchat von Aquileia, das Rojale der Hauptmannschaft Tricesimo unterstellte.
Ab 1420 wurde das Gebiet von der Republik Venedig beherrscht, unter deren Herrschaft Rojale verschiedene Privilegien genoss, darunter Steuerbefreiungen im Austausch für die Pflicht, den Unterhalt des Kanalsystems sicherzustellen, das Udine mit Wasser versorgte.
Mit dem napoleonischen Zeitalter und dem Vertrag von Campoformido 1797 wurde die Gemeinde Teil des Bezirks Passariano. Nach dem Fall des napoleonischen Reiches und der österreichischen Restauration wurde sie Teil des Lombardo-venezianischen Königreichs.
1866 wurde die Gemeinde dem Königreich Italien angeschlossen, und im darauffolgenden Jahr, 1867, erhielt sie per königlichem Dekret den Namen Reana del Rojale.
Die Verbindung des Gebiets von Rojale mite dem Element Wasser wird schon im Ortsnamen deutlich, denn „Rojale“ leitet sich vom friulanischen Begriff „roje“ oder „roe“ ab, was „Kanal“ bedeutet. Auch der Name Reana scheint von „Reianam“ oder „Royana“ zu stammen, wie er in antiken Texten aus dem 13. Jahrhundert erwähnt wird, was die Bedeutung des Kanalsystems für die Geschichte dieser Region unterstreicht.
Die Kanäle, die vom Fluss Torre auf Höhe des Wehrs von Zompitta abgeleitet werden, haben eine lange Geschichte, die durch zahlreiche historische Quellen belegt ist. Das älteste bekannte Dokument stammt von Patriarch Volrico II. von Treffen und datiert auf das Jahr 1171. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Kanäle schon früher, möglicherweise bereits zur Römerzeit, abgeleitet wurden, da entlang des Flusses Torre die Via Bariglaria verlief, ein Nachfolger der Via Julia Augusta in Richtung Noricum.
Die mächtige Familie Savorgnan ließ sich bereits im 12. Jahrhundert in der Nähe der Wasserentnahmestelle in Zompitta nieder, auf dem strategisch gelegenen Hügel Motta, um die Wasserressourcen zu kontrollieren.
Die heutigen Entnahmewerke am rechten Ufer des Flusses Torre wurden 1929 vom Ingenieur Cudugnello entworfen.
Das Wasser versorgt die Kanäle von Udine, Palma und Cividale gemäß den Vereinbarungen zwischen den zuständigen Konsortien, die nach langen Streitigkeiten getroffen wurden.
Architektonisch bedeutsame Elemente entlang der Kanäle sind nicht nur die natürlichen und künstlichen Ufer, sondern auch hydraulische Anlagen, Schleusensysteme, Wasserstufen zur Nutzung der Wasserkraft sowie Bauwerke wie alte Brücken aus Eisen oder Stein, öffentliche und private Waschplätze aus Beton oder Stein.
Zum kulturellen Erbe des Gebiets gehört auch das Kunsthandwerk von Rojale, das im letzten Jahrhundert vor allem für die Verarbeitung von Maishülsen, auf Friulanisch „Scus“, bekannt war. Daneben waren auch die Verarbeitung von Weidenruten und Eisen verbreitet.
In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Herstellung von Produkten aus Maishülsen zum Mittelpunkt der Familienwirtschaft und entwickelte sich so weit, dass ein organisierter Handel entstand.
1964 wurde auf Initiative von Pfarrer Don Mario Fabrizio in Cortale die Handwerksgenossenschaft „Cartocciai Friulani“ gegründet, die die Produktion auf Puppen, Einrichtungsgegenstände und Modeaccessoires ausweitete. Diese fanden sowohl in italienischen Fachgeschäften als auch in den USA Absatz.
Der Stein: regionale Tradition und zeitgenössische KunstAus sozialen und wirtschaftlichen Gründen sowie aufgrund steuerlicher Vorschriften wurde die Genossenschaft 1987 geschlossen, doch einige Kunsthandwerkerinnen führten die Tradition weiter. Um dieses Erbe zu bewahren, wurden die Dauerausstellung zum Kunsthandwerk mit Maishülsen und Weidenruten in der ehemaligen Grundschule von Reana sowie die Ausstellung „Vetrina del Rojale“ in Remugnano eingerichtet. Letztere wird vom Verein Pro Loco Rojale verwaltet, der gegründet wurde, um die Region und ihre Besonderheiten zu fördern.
Der Stein ist in Friaul seit jeher ein Symbol für Heimat. Die Kiesel des nahegelegenen Flusses Torre, die alten Kirchen, Mühlen, Bauernhäuser und Waschplätze wurden oft aus Stein errichtet.
Heute steht das Material Stein in Rojale auch für zeitgenössische Kunst, insbesondere seit 1998, als der örtliche Kulturverein „Il Faro“ das jährliche Internationale Symposium für Bildhauerei mit Steinen aus Friaul-Julisch Venetien ins Leben rief.
Die im Rahmen dieses bedeutenden Symposiums geschaffenen Werke bilden ein beeindruckendes Freilichtmuseum.
Das Projekt wird von der Gemeindeverwaltung unterstützt und basiert auf ähnlichen Bildhauersymposien in Italien und im Ausland.
Seit 1998 findet das jährliche Symposium in Vergnacco statt, bei dem nationale und internationale Künstler zwei Wochen lang große Steinblöcke bearbeiten.
Von den mehr als 250 bisher geschaffenen Skulpturen, die in öffentlichen Räumen und Parks in der gesamten Region aufgestellt sind, befinden sich über 60 im Gemeindegebiet von Reana del Rojale. Es handelt sich um einen im Sinne des Wortes „verstreuten Skulpturenpark“, der mittlerweile ein fester Bestandteil des kulturellen Erbes der Region ist.